Wir machen gerade eine Stastistik darüber, welche Getränke den Strand von Maputo und Umgebung (Manhica bis Ponta do Ouro) am meisten verschmutzen. Wir dachten mit den Plastikdeckeln wäre es getan...
Die erste Hilfe lässt nicht lange auf sich warten. Anna Maria wurde von einem Fotografen angesprochen und als wir ihn fragen, ob er mithelfen möchte, reicht uns sein Ich-würde-gerne, um ihm Magnet und Plastiktüte in die Hand zu drücken. Knapp eine Stunde sammelt er mit mir in der Nähe der Baracas der Buden am Strand und gibt mir die volle Tüte zurück.
Danach kommen die Educadores vom Strand, soetwas wie Strandlehrer. Sie reden mit den Leute oder auch den Verkäufern, das sie den Strand sauber halten und den Müll nicht liegen lassen, sondern in die Abfallbehälter werfen oder wieder mit nach Hause nehmen. An so einem ruhigen Tag haben sie nicht viel zu tun. Sie helfen uns auch ein wenig beim Deckelsammeln.
Weit gefehlt! Jetzt geht es weiter mit Caricas, also Kronkorken. Aber erstmal nur im Raum Maputo.
Dazu treffen wir uns an der Costa do Sol. Es ist ein schöner bedeckter Tag, der Sand wird sich damit nicht stark aufheizen und auch nicht stark blenden. Bestes Wetter um Kronkorken zu sammeln.
Wie werden sie gesammelt? Ganz einfach mit einem Magneten an einer Leine. Ein Freund aus Deutschlnd empfahl mir einen Elektromagneten zu nehmen, weil man den an- und ausschalten könne. Damit würde man sich das Ablösen der Deckel ersparen. Witzige Idee aber so oft müssen wir hoffentlich nicht sammeln, als dass sich das lohnen würde.
Der Kriminalfall
Polizisten laufen auch am Strand entlang. Wenn sie normale Bürger ansprechen, wirken sie immer sehr streng, sodass ich etwas stutze als ich angesprochen werde. Ich erkläre, dass wir mit den Deckeln eine Stastik aufnehmen wollen, um zu erfahren, welche Firmen hier am Strand am stärksten vertreten sein wird. „Das wird 2M sein“, meint dann der Polizist zu mir. „Gut möglich“, antworte ich dann. „Aber um es genau zu wissen, müssen wir eine Statistik aufnehmen.“ Ich darf weitersammeln.
Wir sammeln ganz gemütlich unsere Metalldeckel, die Tüte wird immer mal wieder geleert und in eine große Tüte in den Rucksack gepackt. Dann wird es an einer Strandbude etwas lauter, Frauen reden miteinander. Ich habe gelernt, dass das eigentlich nichts besonderes ist. Die Leute hier reden gerne mal etwas lauter miteinander.
Doch die Diskussion findet scheinbar kein Ende. Ich höre nur heraus, dass es um Geld geht. Als ich mit dem Magneten näherkomme, werde ich von der Verkäuferin angesprochen, wozu ich denn hier Deckel sammeln würde. Nachdem ich es erklärt habe, fragt sie mich, ob ich 2 10er Münzen gefunden hätte. „Nein habe ich nicht“, antworte ich. „Ich habe nur 50 Centavos [also ½ Mt] gefunden.“ Das wären auch ihre meint sie dann prompt. Ich brauche etwas, doch dann fällt mir das Wort für Lüge auf Schangana ein: „Wahemba!“. Ich erhalte keine Reaktion wie sonst, scheinbar nimmt sie der Fall sehr mit.
Es sitzen 2 Polizisten bei den Frauen und werden auch noch lange dort sitzen, um den Kriminalfall um 20 Metical aufzuklären - was man bezweifeln kann, da die Polizei hier keinen so fitten Eindruck macht. Der eine sagt mir noch, dass wenn ich 20 Mt finde, sie der Frau gehören. Natürlich habe ich am Strand keine 20 Mt gefunden. Würden sie dort liegen, würden sie sofort aufgehoben werden.
Nach dem kleinen Zwischenfall wird ruhig weitergesammelt. Um die Tische der Strandbuden finden sich wirklich viele Deckel. Gefühlt braucht es eine Weile bis ich mich vom Schauplatz des Verbrechens entferne. Ich gönne mir eine Pause mit Banane und Wasser, dann geht's weiter. Zwischendurch werde ich immer mal wieder angesprochen, was ich hier mache. Eine Frau wollte als empregada also Angestellte, die kocht, putzt und aufräumt bei unserem Verein anfangen. Nach einiger Zeit werde ich von den anderen, die mit mir hier sammeln sollten, angerufen: „Franz, du musst zum Volleyball kommen, das ist echt nice hier.“
Gerade finden nämlich irgendwelche Qualifikationen für Beachvolleyball statt. Da wir aber die letzten Tage eher wenig zu tun hatten, arbeite ich heute lieber als mich zu vergnügen. Das fühlt sich besser an.
Ab 12 Uhr habe ich keine Lust mehr, es sind langsam wieder 30 °C und der Hunger kommt. Nun geht es zu Beto's der Hähnchenbude unseres Vertrauens und sie soll uns nicht enttäuschen. Vor dem Essen wird das spannende Spiel von Mosambik zuendegeschaut, aus dem sie erfolgreich als Sieger herausgingen. Ich nutze die Zeit, um mit einem Freund zu telefonieren. So läuft das hier manchmal.
Während wir auf's Essen warten, fangen wir schon einmal an die Deckel zu sortieren.
Für mich gibt es ein Viertel vom Hähnchen mit Pommes und einer extra Portion Salat. Jeder, der irgendwann mal nach Maputo kommt, sollte an der Costa do Sol ein Hähnchen essen, die sind wirklich nicht schlecht hier. Für besondere Gäste gibt es auch eine Gabel. Wir essen aber mit den Händen. Das wird hier am Strand so gemacht.
Als wir auf den Steinen sitzen, kommen Kinder zu uns, die alleine am Strand herumlaufen. Ich würde sie auf maximal 10 Jahre schätzen. Erst schauen sie begeistert zu und bringen uns Bierdeckel - genauso wie einige interessierte Verkäuferinnen. Ich bedanke mich, meine dann aber immer, dass es reicht, schließlich ist mein Rucksack noch prall gefüllt und wir wollen heute noch nach Hause.
Aus dem Zugucken wird ein Deckelberühren. Als wir ihnen dann zeigen, wie wir sortieren, ist bei der nächsten Ladung Deckel kein Halten mehr. Emsig sortieren sie die Deckel für uns. Viele können zählen, einer leider nicht so gut. Unsere 5er-Haufen werde manchmal zu 4ern oder 6ern. Aber die anderen haben es schnell drauf.
Mir ist die Situation unangenehm, weil wir letztens Strandkinder hatten, die für ihre Hilfe Geld wollen. Und hier ist es leider manchmal nicht klar, wann die Leute einem sagen, dass sie für ihre Arbeit Geld wollen oder wie viel es genau kostet. Abgerechnet wird zum Schluss. Nach einer Weile stehen bestimmt 15 Kinder, um uns herum, sodass ich etwas Angst um unsere Rucksäcke habe.
Fabi und Anna Maria würden Euch sicher etwas anderes sagen, aber ich bin ganz froh, als es um uns herum leerer wurde.
Die nächsten Tage werden uns immer mal wieder Kinder von Strandbesuchern helfen Deckel einzusammeln. Ich weiß nicht so ganz, was ihre Motivation ist. Ob sie sich sonst langweilen oder sie uns und unsere Magnete von Nahem sehen wollen? Ich finde es aber gut. Vielleicht setzen wir damit ja kleine Impulse den Müll nicht am Strand liegen zu lassen, sondern aufzuheben und zu entsorgen.
Nach knapp 2 Stunden Auszählung steht fest: wir haben einen klaren Sieger! Knapp 4000 Deckel wurden ausgezählt, ein paar Deckel haben sich ihrer Marke enthalten. Über 26% der Deckel stammen von 2M, dicht gefolgt von Heineken mit 20%. Das sind auch die Biermarken, die hier am präsentesten sind. Der Polizist hatte also recht. Aber nun haben wir etwas handfestes, Zahlen, über die wir reden können. Unser Ziel ist es die Abfallunternehmen in die fachgerechte Entsorgung einzubeziehen. Damit wären dann Konsumenten, Verkäufer, Stadt und Unternehmen dafür verantwortlich, dass der Strand sauber ist. Ich bin mal gespannt, wie die großen Biermarken darauf reagieren. Aber noch noch suchen wir weiter am Strand der Costa do Sol nach Bierdeckeln, um bessere Zahlen zu bekommen.